3 Fragen an... Prof. Dr. Andreas Groß zur Internationalisierung der Weiterbildung am Fraunhofer IFAM

Das Weiterbildungsangebot am Fraunhofer IFAM in den Bereichen Klebtechnik und Faserverbundwerkstoffe wird immer internationaler. Prof. Dr. Andreas Groß, Leiter der Abteilung »Weiterbildung und Technologietransfer« am Fraunhofer IFAM, gibt einen Einblick in die Internationalisierung beider Weiterbildungszentren. Zudem geht er auch auf die Rolle der European Welding Federation (EWF) dabei ein und stellt die Veränderungen bei internationalen, nationalen und europäischen Normen vor.

Herr Prof. Dr. Andreas Groß, wie sehen Sie die Entwicklung der Internationalisierung der Weiterbildungszentren des Fraunhofer IFAM?

Insbesondere im Weiterbildungszentrum Klebtechnik (WZK) wird die Internationalisierung zunehmen. Dies ist ein Trend, den wir in den vergangenen Jahren bereits bemerken und der sich in Zukunft fortsetzen wird. Wesentliche Gründe dafür sind, dass sich zunächst einmal das Weiterbildungsangebot immer weiter auch auf internationaler Ebene »herumspricht« und demzufolge immer bekannter wird. OEMs, also Original Equipment Manufacturer bzw. Erstausrüster, die global tätig sind, führen, auch aufgrund von Normen, die klebtechnische Mitarbeiterqualifizierung mehr und mehr ein. Dies betrifft dann auch ebenfalls ihre Zulieferer, die durch sie motiviert werden, ebenfalls ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter klebtechnisch zu qualifizieren. Hinzu kommt, dass es Dr. Erik Meiß als Leiter des WZK gelungen ist, auch auf internationaler Ebene ein Netzwerk von vertraglich an uns gebundenen Kooperationspartnern aufzubauen. Unsere Kooperationspartner arbeiten nach unseren Qualitätsvorgaben, sodass alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer sicher sein können, dass die Inhalte und Qualität weltweit vergleichbar sind. Ein weiterer Grund der zunehmenden Internationalisierung ist unsere Entwicklung und Einführung von Online-Weiterbildungskursen im Blended-Learning-Format. Diese sind inhaltlich identisch zu den Präsenzveranstaltungen, ermöglichen aber durch ihre Online-Anteile, den Teilnehmerinnen und Teilnehmern zeit- und ortsunabhängig zu lernen, was ihren Reiseaufwand signifikant reduziert.

Im Weiterbildungszentrum Faserverbundwerkstoffe (WZF) sind die Lehrgänge überwiegend noch national. Lehrgangsfrequenz und Teilnehmerzahl entwickelt sich jedoch so erfreulich, so dass mittelfristig auch hier die Lehrgänge international angeboten werden können. Stefan Simon als Leiter des WZF ist es bereits gelungen, einen chinesischen Kooperationspartner zu gewinnen. Dieser führt analog zu den Kooperationspartnern des WZK die Composite-Lehrgänge für die Ausführungs- und Überwachungsebene in chinesischer Sprache regelmäßig für den chinesischen Markt durch.

Gibt es bestimmte Normen, die im Zusammenhang mit der Internationalisierung des Weiterbildungsangebots des Fraunhofer IFAM besonders erwähnenswert sind?

Die DIN 6701 (Schienenfahrzeugbau) und die DIN 2304 (Allgemeine Industrie) sind neben der TL A-0023 (Bundeswehr) die derzeit geltenden Normen. Obwohl es sich um nationale Normen handelt, wirken sie längst international. Ungefähr 60% aller 1.050 der nach diesen Normen zertifizierten Betriebe sind bereits ausländische Firmen. Hinzu kommt, dass im März 2022 die ISO 21368 (General Industry) in ihrer revidierten Fassung veröffentlicht wurde. Durch ihre Revision ist inhaltlich die DIN 2304 darin aufgegangen. Der nächste Schritt ist nun, die ISO 21368 in eine EN ISO 21368 zu überführen. Parallel dazu wird die DIN 6701 (Schienenfahrzeugbau) in die EN 17460 (Railway) überführt und voraussichtlich im September 2022 veröffentlicht. In allen genannten Dokumenten ist die klebtechnische Mitarbeiterqualifizierung normativ verankert. Beides zeigt, dass die Internationalisierung der klebtechnischen Personalqualifikation weiter voranschreiten wird.

Im WZF ist es Stefan Simon gelungen, eine Arbeitsgruppe industrieller Mitglieder zu installieren, die unter seiner Federführung die DIN SPECIFICATION »Qualitätsanforderungen an Composite-Prozesse« ausarbeitet. Die Vorbereitungsarbeiten sind soweit fortgeschritten, dass das offizielle DIN-Verfahren Anfang 2023 beantragt und gestartet werden kann, so dass Ende 2023 die DIN SPEC als weltweit erstes Dokument dieser Art veröffentlicht wird. Mit diesem Dokument wird also der gleiche Weg wie mit den Kleb-Normen beschritten. Auch hier ist die Personalqualifizierung als ein Kernelement dieser DIN SPEC verbindlich festgeschrieben.

Welche Rolle spielt die Studie »Circular Economy« auch mit Bezug zu einem Vergleich zwischen Deutschland und anderen Ländern?

Seit diesem Jahr wird das Thema der Fraunhofer IFAM-Studie »Kreislaufwirtschaft und Klebtechnik« im Rahmen eines Pilotprojektes in die Qualifizierung zum EWF-European Adhesive Engineer – EAE in den nationalen und internationalen Lehrgängen aufgenommen. Wir werten die Rückmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus. Diese sind durchweg positiv. Daher wird Dr. Erik Meiß als Chairman der zuständigen EWF Working Group »Adhesive Bonding« die Mitglieder motivieren, bei nächster sich bietender Gelegenheit das Thema in die EWF-Weiterbildungsrichtlinien aufzunehmen.

Im Composite Engineer-Lehrgang des WZF wurde das Thema »Kreislaufwirtschaft« bereits von Anfang an integriert.

Herr Prof. Dr. Groß, wir bedanken uns für das Gespräch. 

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