Kleben in der Holz- und Möbelindustrie – vom Knochenleim zu vollautomatisierten Hochleistungsprozessen

Die Klebtechnik hat eine lange Geschichte – vor allem in der Holzindustrie. Wie sich der damalige Knochenleim zu vollautomatisierten Hochleistungsprozessen entwickelte und wie ein Sekunden-Klebstoff die Industrie revolutioniert, erklärte Maik Schmolke von nolax auf den Bremer Klebtagen 2019. nolax erfindet und entwickelt neue Klebstoff-Technologien und eröffnet damit der Klebstoff-Industrie neue Märkte. Maik Schmolke selbst hat das gesamte Lehrgangsprogramm des Fraunhofer IFAM im Bereich Kleben absolviert, von der Klebfachkraft über den Klebfachingenieur bis hin zur Teilnahme im Prüfungsausschuss. Bei nolax führt er einige Projekte auch in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer IFAM durch, um das Knowhow von Praxis und Forschung zu vereinen.

Maik Schmolke
© Fraunhofer IFAM
Maik Schmolke hat das gesamte Lehrgangsprogramm des Fraunhofer IFAM im Bereich Kleben absolviert.

Wie hat sich die Klebtechnik entwickelt?

Die ersten historischen und nachgewiesenen »Klebverbindungen« vor 115.000 Jahren bestanden aus Birkenpech und dienten vor allem dem Fixieren von Klingen an Holzgriffen. Immer mehr Produkte wurden als geeignete Klebstoffe entdeckt und verwendet: zum Beispiel ein Sud aus Sehnen, Knorpeln und anderen tierischen Abfällen oder auch Bienenwachs, das zum Verbinden von Metallklingen von Rasiermessern mit ihrem Stiel verwendet wurde.

Die damaligen Klebstoffe und Klebetechniken haben sich aber weiterentwickelt. Laufend kommen neue Werkstoffe auf den Markt. Leichtbaumaterialen wie Wabenplatten oder Spanplatten werden aus Gründen der Nachhaltigkeit und besseren Transporteigenschaften vermehrt eingesetzt. Außerdem sollen Klebe- und Montageprozesse industriell und automatisiert sein. Leichtbau ist also wichtiger denn je. Dennoch müssen Holzwerkstoffe an einzelnen Stellen große Lasten aushalten, was durch lokale Verstärkungen erreicht wird. z.B. an Verschraubungs- und Befestigungspunkten. Hier kommen heute oft reaktive Systeme zum Zug.

Ein solcher reaktiver Klebstoff ist auch der von nolax entwickelte und patentierte Sekunden-Klebstoff aus Polyurea. Während Polyurethane und Epoxy eine Reaktions- und Aushärtezeit von einigen Minuten bis zu 48 Stunden haben, klebt Polyurea innerhalb von wenigen Sekunden. Das stellt zwar hohe, aber lösbare Anforderungen an die Verarbeitungstechnik, ermöglicht aber gleichzeitig eine hohe Taktzeit und schnelle Weiterverarbeitung von Produkten, was eine ideale Prozessauslastung mit sich bringt.

Klebstoffinjektion in porösen Spanplattenkern
© nolax
Klebstoffinjektion in porösen Spanplattenkern
Sandwichplatte mit eingespritzter Verstärkung mittels Polyuera-Klebstoff
© nolax
Sandwichplatte mit eingespritzter Verstärkung mittels Polyuera-Klebstoff
Schraubenauszug aus Spanplatte 400kg/m3 nach DIN EN320. nolax Verstärkung (grün) mit dreimal höheren Auszugswerten
© nolax
Schraubenauszug aus Spanplatte 400kg/m3 nach DIN EN320. nolax Verstärkung (grün) mit dreimal höheren Auszugswerten

Wo kommt der Sekunden-Klebstoff zum Einsatz?

Aufgrund von aktuellen Entwicklungen, wie dem verstärkten Online-Handel, werden in Holzmöbel immer mehr leichte Plattenwerkstoffe eingesetzt. Hier ermöglicht der nolax Sekunden-Klebstoff den kosteneffizienten Einsatz von leichten Spanplatten mit einer Dichte von 400-550kg/m3.

Der Prozess ist verblüffend einfach, blitzschnell und kann in bestehende industrielle Prozesse integriert werden. Der von nolax entwickelte und patentierte Polyurea-Klebstoff dringt tief in die Spanplatte ein und bildet in Sekundenschnelle einen soliden Verankerungspunkt. Bohren und Fräsen in die lokale Verstärkung ist unmittelbar nach der Injektion möglich. Die Technologie kann in Plattenebene, als auch stirnseitig in industriellen Durchlaufprozessen eingesetzt werden.

Die lokale Verstärkung ermöglicht eine um Vielfaches erhöhte Krafteinleitung. Neben Schraubenverbindungen sind auch Steck- und Profilverbindungen möglich.

Das gleiche Prinzip ist auch anwendbar für Befestigungspunkte in Sandwichplatten.

Für die Möbelindustrie eröffnet dieses Verfahren wegweisende Vorteile:

  • Spanplattendichte kann auf bis zu 400kg/m3 reduziert werden: Kostensparpotential bis zu 50€/m3 und erhöhte Nachhaltigkeit
  • Neue Optionen in Design und Materialisierung: Dünnere Komponenten, größere Spannweiten, zusätzliche Funktionalität
  • Geringes Möbelgewicht ermöglicht bessere Transportauslastung: Reduktion der Distributionskosten bis zu 30%
  • Qualitätssteigerung: Höhere Auszugkräfte der Befestigungsmittel und verbesserte Feuchtebeständigkeit

Weitere Anwendung findet der Klebstoff im Automotive-Bereich, um zum Beispiel Befestigungspunkte in Wabenplatten zu integrieren und so erhöhte statische und dynamische Auszugswerte zu erhalten. Dieser kosteneffiziente Prozess verläuft automatisiert und äußerst präzise. Auch in der Luftfahrt oder bei Caravans und Kühltransportern kommt der neue Klebstoff zum Einsatz, zum Beispiel bei der Befestigung von Schaumkernplatten. Diese werden mithilfe von Polyurea-Klebstoff noch leichter und kostengünstiger hergestellt.

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