Dr.-Ing. Dominik Laveuve im Interview

Im Hinblick auf die im Faserverbundbereich stets angestrebte »dauerhafte Adhäsion« zwischen Faser und Matrix erwirken auch die Bremer Faserbundtage eine beständige Verbindung des Fraunhofer IFAM mit Wissenschaftlern und Kunden aus verschiedensten Branchen. Bei den 4. Bremer Faserverbundtagen, die aufgrund der Corona-Pandemie als Online-Tagung stattfanden, teilte Dr.-Ing. Dominik Laveuve, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für Betriebsfestigkeit und Systemzuverlässigkeit LBF, sein Wissen in seinem Vortrag »Steifigkeit unidirektional endlosfaserverstärkter Kunststoffe unter Berücksichtigung von Mikrorissen«. Wir haben mit ihm zu den Anfängen im Schädigungsverlauf, mikroskopisch kleinen Rissen, gesprochen. Im Interview setzt er die Forschungen auch in Bezug zu Themen wie Nachhaltigkeit, Sicherheit und Digitalisierung. 

Laveuve
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Dr.-Ing. Dominik Laveuve forscht am Schwester-Institut Fraunhofer LBF

Herr Dr. Laveuve, wie sieht die Zusammenarbeit des Fraunhofer LBF mit dem Fraunhofer IFAM aus und welche Rolle spielen Sie in dieser Schnittstelle? Mit welchen Mitarbeitenden vom Fraunhofer IFAM arbeiten Sie zusammen?

Am Fraunhofer LBF forsche ich im Bereich der Leichtbaumaterialien und engagiere mich als Seminarreferent in der Weiterbildung. Beispielsweise bin ich am Fraunhofer LBF in Bezug auf die Composite Engineer Weiterbildung Hauptansprechpartner für die Kolleginnen und Kollegen des Fraunhofer IFAM und so in Kontakt unter anderem mit Herrn Claas Hoffmann, Leitung Praktische Weiterbildung Faserverbundtechnik, Herrn Dipl.-Ing. Stefan Simon, Leiter Weiterbildungszentrum Faserverbundwerkstoffe, und Herrn Prof. Dr. Andreas Groß, Leiter Weiterbildungszentrum am Fraunhofer IFAM.  Mein Vortrag bei den Bremer Faserverbundtagen basierte auf meiner Dissertation »Zur rechnerischen Lebensdauerabschätzung für Faser-Kunststoff-Verbunde«. Ich habe mich sehr über die Einladung von Herrn Prof. Dr. Groß, über die Ergebnisse bei den renommierten Bremer Faserverbundtagen zu berichten, gefreut.

Ihr Vortrag STEIFIGKEIT UNIDIREKTIONAL ENDLOSFASERVERSTÄRKTER KUNSTSTOFFE UNTER BERÜCKSICHTIGUNG VON MIKRORISSEN stieg tief in die Materie ein. Welche Schlüsselmessages sind von größter Bedeutung?

Die Forschung, welche im Mittelpunkt des Vortrags »Steifigkeit unidirektional endlosfaserverstärkter Kunststoffe unter Berücksichtigung von Mikrorissen« steht, schafft besonders für das mittlere Management und Teamleiter in Berechnungsabteilungen einen Mehrwert. Ziel ist es, die Lebensdauer von Kunststoffbauteilen genauer abschätzen zu können. Wie lange hält ein Bauteil? Welche Einflüsse haben Schädigungen auf das Material? Die in meinem Vortrag vorgestellte Arbeit zeigt, dass selbst mikroskopisch kleine Risse die Steifigkeit merklich verändern. Ich schaue mir zwei bestimmte Rissformen an, die beide am Anfang des Schädigungsverlaufs eines Faserverbundkunststoffs stehen: mikroskopisch kleine Risse im Kunststoff zwischen den Fasern und Ablösung der Faser aus der Matrix. Später vereinigen sich diese Risse meist zu Zwischenfaserbrüchen. Diese Zwischenfaserbrüche und auch sogenannte Delaminationen – also Ablöseprozesse zwischen Schichten, werden in anderen Arbeiten behandelt. Eine der Fragen, die meine Forschung und der Vortrag beantworten wollen ist, wie Berechnungsmodelle aufgebaut sein müssen, um anfängliche Schädigungsprozesse bei der Berechnung der Lebensdauer von Produkten zu berücksichtigen. Es zeigt sich beispielsweise, dass dabei die Größenverhältnisse zwischen den Fasern und den Elementen von Modellen zur Bauteilberechnung beachtet werden sollten.

Welche Themen gewinnen in ihrer Forschung an Bedeutung?

Nachhaltigkeit spielt eine sehr wichtige Rolle im Leichtbau und in der FVK-Herstellung. Eine möglichst genaue Abschätzung der Lebensdauer ermöglicht Materialeinsparung und geringere Bauteilgewichte. Bauteile, die viel länger halten als sie es müssten, sind meist unnötig schwer. Das erhöht den Materialverbrauch bei der Herstellung und den Energieverbrauch im Betrieb. Andererseits muss sichergestellt sein, dass die notwendige Lebensdauer zuverlässig erreicht wird. Leichte Bauteile müssen trotz ihrer geringen Masse sicher sein. Oft wird dies erreicht, indem zunächst auf Basis von Berechnungen Prototypen entwickelt werden, deren Lebensdauer dann experimentell untersucht wird. Abhängig vom Versuchsergebnis werden die Bauteile dann optimiert. Die Herstellung von Prototypen und die Lebensdauerversuche sind jedoch teuer. Aus wirtschaftlicher Sicht ist es daher günstig, wenn möglichst wenige Optimierungsschleifen erforderlich sind. Verbesserte Berechnungsmethoden können somit helfen, die Entwicklung von Leichtbaustrukturen effizienter zu machen.

Sie haben zwei Trendthemen – Sicherheit und Nachhaltigkeit – erwähnt. Welche Rolle spielen andere Trends wie Digitalisierung?

Meine Arbeit basiert auf der statistischen Auswertung einer Anzahl von Berechnungsmodellen. Mittelfristig kann ich mir gut vorstellen, ähnliche Betrachtungen an noch deutlich größere Mengen von Berechnungsmodellen durchzuführen. Damit ergibt sich ein Bezug zu Big Data und ggf. künstlicher Intelligenz, die z. B. dabei helfen könnte, Muster im mikroskopischen Materialverhalten zu erkennen, die sich dann wiederum für die Bauteilberechnung nutzen lassen.

Wir bedanken uns bei Herrn Dr. Dominik Laveuve für das Interview und wünschen ihm viel Erfolg diese Woche zum Kick-off-Termin und Beginn der ersten Projektarbeiten in einem Vorhaben zu sicherheitsrelevanten Aspekten rund um FVK. Weitere Infos wird es dazu bald auf der Homepage des Fraunhofer LBF geben!